Barrierefreie Websites nach BFSG: Ein Leitfaden für Unternehmen

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz umsetzen und mehr Kunden gewinnen

Eine barrierefreie Website ist wie eine gut ausgebaute Straße – sie ermöglicht allen Menschen, sicher und komfortabel ans Ziel zu kommen. Während holprige Feldwege nur für wenige passierbar sind, profitieren von einer modernen Infrastruktur ausnahmslos alle Verkehrsteilnehmer.

Genauso verhält es sich mit barrierefreien Websites: Sie erschließen nicht nur neue Kundengruppen, sondern verbessern die Nutzererfahrung für jeden Besucher.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) kommen ab Juni 2025 neue Anforderungen auf Unternehmen zu. Dieser Leitfaden erklärt Ihnen praxisnah und ohne technischen Fachjargon, was barrierefreie Websites ausmacht, welche konkreten Vorteile sie Ihrem Unternehmen bringen und wie Sie die gesetzlichen Vorgaben Schritt für Schritt umsetzen können.

Sie erfahren, wie Barrierefreiheit Ihr Google-Ranking verbessert, die Conversion-Rate steigert und gleichzeitig Rechtssicherheit schafft.

(Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist keine Rechtsberatung. Wir geben hier unseren Erfahrungen und Meinungen weiter, die wir als langjährig tätige Digital-Agentur bei der Erstellung von Websites gesammelt haben, vor allem in Hinsicht auf Technik und Zugänglichkeit von Internetseiten).

Barrierefreie Websites – Auf einen Blick

  • Barrierefreie Websites ermöglichen allen Menschen – mit und ohne Einschränkungen – den uneingeschränkten Zugang zu digitalen Inhalten durch technische und gestalterische Maßnahmen.
  • Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet Unternehmen ab Juni 2025 zur Bereitstellung barrierefreier Websites. Die Umsetzung sollte frühzeitig geplant werden.
  • Geschäftliche Vorteile sind eine größere Zielgruppe, besseres Google-Ranking, höhere Conversion-Rates und rechtliche Compliance. Eine barrierefreie Website erreicht mehr potenzielle Kunden.
  • Die Umsetzung basiert auf den WCAG 2.1 Richtlinien und umfasst technische, inhaltliche und gestalterische Aspekte. Der Aufwand variiert je nach Ausgangslage zwischen 40 und 120 Arbeitsstunden.
  • Wichtigste Maßnahmen sind barrierefreie Navigation, Alternativtexte für Bilder, ausreichende Kontraste, Tastatursteuerung und verständliche Texte ohne Fachsprache.
Bild Uwe Preuth

Uwe Preuth
Founder, CSO

Experte für Digitale Strategien:
Mehr Kunden + Mitarbeiter.
Gut geölte Prozesse und „Umsetzen“
sind meine Steckenpferde.

Letztes Inhalts-Update: Januar 2025

Was sind barrierefreie Websites?

Barrierefreie Websites ermöglichen allen Menschen – mit und ohne Einschränkungen – den uneingeschränkten Zugang zu digitalen Inhalten durch technische und gestalterische Maßnahmen.

Sie basieren auf dem Prinzip des „Universal Design“ – der Gestaltung von Produkten, die von möglichst vielen Menschen ohne spezielle Anpassung genutzt werden können.

Konkret bedeutet dies die Umsetzung verschiedener technischer und gestalterischer Maßnahmen:

  • Eine klare, logische Navigation und Seitenstruktur
  • Ausreichend große, gut lesbare Schriften und starke Kontraste
  • Alternative Textbeschreibungen für alle Bilder und Grafiken
  • Untertitel und Transkriptionen für Audio- und Videoinhalte
  • Vollständige Bedienbarkeit über Tastatur und Sprachsteuerung
  • Verzicht auf zeitgesteuerte Elemente oder blinkende Animationen
  • Verständliche Sprache ohne komplexe Fachbegriffe
  • Fehlertolerante Formulare mit eindeutigen Beschriftungen
  • Kompatibilität mit Screenreadern und anderen Hilfsmitteln

Diese Maßnahmen orientieren sich an den internationalen WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines) und ermöglichen verschiedenen Nutzergruppen den barrierefreien Zugang zu digitalen Inhalten. Dabei profitieren nicht nur Menschen mit dauerhaften Einschränkungen von diesen Anpassungen, sondern auch Nutzer mit temporären Beeinträchtigungen oder technischen Limitierungen.

Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?

Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Websites und Online-Angebote von allen Menschen uneingeschränkt genutzt werden können – unabhängig von ihren körperlichen oder technischen Möglichkeiten. Dies umfasst Menschen mit Sehbehinderungen, eingeschränktem Hörvermögen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Aber auch ältere Menschen oder Nutzer mit temporären Einschränkungen, wie einem gebrochenen Arm, profitieren von barrierefreien Websites.

Eine barrierefreie Website zeichnet sich durch klare Strukturen, gute Kontraste, alternative Texte für Bilder und Videos sowie eine vollständige Bedienbarkeit per Tastatur aus. Texte sind verständlich geschrieben und wichtige Informationen werden mehrfach – zum Beispiel visuell und auditiv – zur Verfügung gestellt.

Aktuelle Situation und Relevanz für Unternehmen

Die Bedeutung barrierefreier Websites nimmt stetig zu. In Deutschland leben etwa 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung – das entspricht fast 10% der Bevölkerung. Rechnet man Menschen mit temporären Einschränkungen und die alternde Gesellschaft hinzu, wird deutlich: Barrierefreiheit ist keine Nische, sondern betrifft einen erheblichen Teil der Bevölkerung.

Trotzdem sind aktuell nur etwa 15% der deutschen Unternehmenswebsites barrierefrei gestaltet. Dies bedeutet nicht nur einen Wettbewerbsnachteil, sondern auch verpasste Geschäftschancen. Denn Menschen mit Behinderungen verfügen über eine bedeutende Kaufkraft – allein in Deutschland über 500 Milliarden Euro jährlich.

Barrierefreie Websites - Bild eines Screenreaders mit Braille

Barrierefrei Websites – Optimiert auch für Screenreader mit Brailleschrift

Kurzer Überblick über das BFSG

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) markiert einen Wendepunkt für die digitale Barrierefreiheit in Deutschland. Ab Juni 2025 müssen Unternehmen ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestalten. Dies betrifft:

  • Online-Shops und E-Commerce-Plattformen
  • Selbstbedienungsterminals und Bankautomaten
  • Elektronische Tickets und Check-In-Systeme

Das Gesetz orientiert sich an den international anerkannten WCAG-Richtlinien (Web Content Accessibility Guidelines) und sieht bei Nichteinhaltung empfindliche Bußgelder vor. Für Unternehmen bedeutet dies: Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen, um die eigenen digitalen Angebote rechtzeitig anzupassen.

Für Websites steht (Stand Januar 2o25) noch nicht genau fest, welche Websites das nach BFSG umsetzen MÜSSEN. Da Sie aber als Unternehmen mit barrierefreien Websites deutlich mehr Besucher erreichen und auch Google die bessere Zugänglichkeit als wichtigen Ranking-Faktor einstuft, ist die Umsetzung für ALLE Unternehmen sehr wichtig.

Investitionen in Barrierefreiheit zahlen sich also mehrfach aus – durch erweiterte Zielgruppen, bessere Nutzererfahrung für alle Besucher und nicht zuletzt durch ein verbessertes Google-Ranking, da Suchmaschinen barrierefreie Websites bevorzugt behandeln.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Zeitplan und Inkrafttreten

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle neuen Websites und digitalen Angebote die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen.

Wir empfehlen allen Unternehmen, frühzeitig mit der Umsetzung zu beginnen, da die technischen Anpassungen und inhaltlichen Überarbeitungen erfahrungsgemäß mehrere Monate in Anspruch nehmen. Ebenfalls sind Agenturen, die das umsetzen können, rar gesät und jetzt schon für 2025 so gut wie ausgebucht (wir zum Beispiel).

Wichtigste Anforderungen für Unternehmen

Das BFSG fordert von Unternehmen bezüglich ihrer Websites:

  • Eine barrierefreie Gestaltung aller Webseiten und Online-Dienste
  • Bereitstellung von Informationen zur Barrierefreiheit der Website
  • Einrichtung eines Kontaktformulars für Feedback zur Barrierefreiheit
  • Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der Barrierefreiheit
  • Dokumentation der umgesetzten Maßnahmen
  • Schulung der Website-Verantwortlichen in Barrierefreiheit

Für wen gilt das Gesetz?

Das BFSG gilt für:

  • Alle Unternehmen mit digitalen Angeboten wie Websites und Online-Shops
  • Dienstleister, die ihre Services online anbieten
  • Unternehmen jeder Größe, vom Kleinunternehmen bis zum Konzern

Ausnahmen gelten für:

  • Private sowie rein geschäftliche (B2B) Angebote unterliegen nicht dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
  • Mikrounternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro
  • Websites, bei denen die Barrierefreiheit nachweislich eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde

Welche digitalen Angebote sind betroffen?

Das Gesetz umfasst folgende digitale Präsenzen:

  • Unternehmenswebsites und Landing Pages
  • Online-Shops und E-Commerce-Plattformen
  • Mobile Websites und Web-Apps
  • Online-Formulare und Kontaktmöglichkeiten
  • Digitale Dokumente wie PDFs
  • Newsletter und E-Mail-Marketing
  • Online-Buchungssysteme
  • Digitale Kundenservices
  • Chat-Funktionen und Support-Bereiche

Die Nichteinhaltung der Anforderungen kann zu Bußgeldern führen. Diese können je nach Schwere des Verstoßes und Unternehmensgröße mehrere tausend Euro betragen. Zusätzlich drohen Abmahnungen durch Konkurrenten oder Verbände.

Wir empfehlen den Rat eines spezialisierten Rechtsbeistands einzuholen. Gerade die Klärung, ob Sie nun unter die Regelungen fallen oder nicht, wird Ihnen nur ein Jurist rechtssicher geben können.

Generell gilt aber: Eine barrierefreie Website hat viele Vorteile, auch wenn Sie nicht dazu verpflichtet sind. Berücksichtigen Sie Barrierefreiheit daher auf jeden Fall in neuen Projekten.

Grundlagen der Website-Barrierefreiheit

Definition einer barrierefreien Website

Eine Website gilt als barrierefrei, wenn sie den internationalen WCAG 2.1 Standards (Web Content Accessibility Guidelines) entspricht.

Diese Standards definieren drei Konformitätsstufen:

  • A (grundlegend)
  • AA (erweitert) und
  • AAA (umfassend).

Das BFSG orientiert sich dabei an der Stufe AA, die einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Zugänglichkeit und praktischer Umsetzbarkeit darstellt.

Verschiedene Arten von Barrieren im Web

Visuelle Barrieren

  • Zu geringe Kontraste zwischen Text und Hintergrund
  • Fehlende Alternativtexte bei Bildern
  • Zu kleine Schriftgrößen
  • Informationen, die nur über Farben vermittelt werden

Auditive Barrieren

  • Videos ohne Untertitel
  • Fehlende Transkripte für Audio-Inhalte
  • Ausschließlich akustische Warnhinweise

Motorische Barrieren

  • Zu kleine Klickflächen
  • Zeitbegrenzungen bei Formularen
  • Unmöglichkeit der Tastatursteuerung
  • Komplexe Dropdown-Menüs

Kognitive Barrieren

  • Komplizierte Navigationspfade
  • Unübersichtliche Seitenstruktur
  • Komplexe Fachsprache
  • Fehlende Orientierungshilfen

Betroffene Nutzergruppen und ihre speziellen Bedürfnisse

Die Bandbreite der Nutzer mit besonderen Anforderungen ist groß:

Sehbehinderte Menschen benötigen:

  • Skalierbare Schriften
  • Hohe Kontraste
  • Screenreader-Kompatibilität
  • Strukturierte Überschriften

Menschen mit motorischen Einschränkungen benötigen:

  • Vollständige Tastatursteuerung
  • Ausreichend große Klickflächen
  • Fehlertolerante Formulare
  • Skip-Links für schnelle Navigation

Menschen mit kognitiven Einschränkungen benötigen:

  • Klare, einfache Sprache
  • Logische Navigation
  • Konsistentes Design
  • Ruhige, ablenkungsfreie Gestaltung

Internationale Standards (WCAG 2.1)

Die WCAG 2.1 basiert auf vier Grundprinzipien.

Wahrnehmbarkeit

  • Alle Informationen müssen für jeden Nutzer wahrnehmbar sein
  • Alternative Texte für nicht-textliche Inhalte
  • Anpassbare Darstellung

Bedienbarkeit

  • Alle Funktionen müssen mit verschiedenen Eingabemethoden nutzbar sein
  • Ausreichend Zeit für Interaktionen
  • Vermeidung von Blitzeffekten

Verständlichkeit

  • Inhalte und Bedienung müssen verständlich sein
  • Konsistente Navigation
  • Fehleridentifikation und -vermeidung

Robustheit

  • Inhalte müssen mit verschiedenen Technologien nutzbar sein
  • Kompatibilität mit Hilfsmitteln
  • Valider Code

 

Geschäftliche Vorteile barrierefreier Websites

Die Implementierung von Barrierefreiheit wird oft als reine Pflichtaufgabe oder zusätzliche Kostenbelastung wahrgenommen. Dabei übersehen viele Unternehmen die zahlreichen wirtschaftlichen Chancen und strategischen Vorteile, die barrierefreie Websites bieten. Von erweiterten Zielgruppen über besseres Google-Ranking bis hin zu gesteigerter Kundenzufriedenheit – die Investition in digitale Barrierefreiheit rechnet sich auf vielfältige Weise.

Erweiterte Zielgruppe und größere Reichweite

Eine barrierefreie Website erschließt Ihrem Unternehmen neue Zielgruppen:

  • 7,9 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung leben in Deutschland (Stand: Ende 2023)
  • 22,3 Prozent der Menschen in Deutschland sind über 65 Jahre mit teils eingeschränkter Nutzung digitaler Medien (Quelle: Statista)
  • Menschen mit temporären Einschränkungen (z.B. durch Verletzungen oder situative Bedingungen)
  • Mobile Nutzer mit eingeschränkten Darstellungsmöglichkeiten

Die Kaufkraft allein der Menschen mit Behinderungen liegt in Deutschland bei über 500 Milliarden Euro jährlich. Dies stellt ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial dar, das viele Unternehmen bisher nicht ausschöpfen.

Verbesserte Nutzererfahrung für alle Besucher

Barrierefreiheit kommt allen Besuchern zugute:

  • Schnelleres Auffinden von Informationen durch klare Struktur
  • Bessere Lesbarkeit durch optimierte Kontraste und Schriftgrößen
  • Einfachere Navigation und Bedienung
  • Geringere Abbruchraten bei Formularen
  • Höhere Kundenzufriedenheit und Conversion-Rates

SEO-Vorteile und besseres Google-Ranking

Barrierefreie Websites werden von Google bevorzugt behandelt:

  • Bessere Indizierung durch klar strukturierten Code
  • Höhere Relevanz durch alternative Textbeschreibungen
  • Verbesserte Core Web Vitals durch optimierte Ladezeiten
  • Geringere Absprungraten durch bessere Nutzererfahrung
  • Positive Bewertung der mobilen Nutzbarkeit

Rechtssicherheit und Compliance

Die Umsetzung von Barrierefreiheit bietet:

  • Schutz vor kostspieligen Abmahnungen
  • Erfüllung der BFSG-Anforderungen ab 2025
  • Vorbereitung auf zukünftige rechtliche Anforderungen
  • Vermeidung von Reputationsschäden
  • Wettbewerbsvorteile durch frühe Anpassung

Imagegewinn und Corporate Social Responsibility

Barrierefreiheit stärkt Ihre Unternehmensreputation:

  • Positionierung als modernes, inklusives Unternehmen
  • Demonstration gesellschaftlicher Verantwortung
  • Positive Wahrnehmung bei allen Stakeholdern
  • Stärkung der Arbeitgebermarke
  • Vorbildfunktion in der Branche

Die Investition in Barrierefreiheit zahlt sich dabei mehrfach aus:

  • Kurzfristig durch verbesserte Nutzererfahrung und SEO
  • Mittelfristig durch höhere Conversion-Rates und Kundenbindung
  • Langfristig durch Rechtssicherheit und Imagegewinn

Fazit zu den geschäftlichen Vorteilen

Die Entwicklung einer barrierefreien Website ist keine reine Pflichtübung zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben, sondern eine strategische Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens.

Die Vorteile sind vielfältig und verstärken sich gegenseitig:

  • Eine größere Zielgruppe führt zu mehr Besuchern,
  • Die bessere Nutzererfahrung steigert die Conversion-Rate
  • Das verbesserte Google-Ranking erhöht die Sichtbarkeit
  • Die Umsetzung der BFSG-Anforderungen schafft Rechtssicherheit

Die Zahlen sprechen dabei eine deutliche Sprache: Mit überschaubaren Investitionen in Barrierefreiheit erreichen Sie nicht nur neue Kundengruppen, sondern optimieren gleichzeitig Ihre gesamte digitale Präsenz. Dies macht barrierefreie Websites zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil in einer zunehmend digitalen Geschäftswelt.